Dynamische Entwertungs- und Rückstellungsmethode:
Ein praxisnaher Ansatz
Die Immobilienbewertung stellt hohe Anforderungen an die Genauigkeit und Praxisnähe der angewendeten Methoden. Meine bevorzugte Herangehensweise, die dynamische Entwertungs- und Rückstellungsmethode, kombiniert eine detaillierte bautechnische Analyse mit einer komponentenbasierten Bewertung. Diese Methode berücksichtigt sowohl die individuellen Eigenschaften einer Immobilie als auch ihre Nutzung, Konstruktion und Marktbedingungen – ein Ansatz, der insbesondere bei Unikaten wie Schweizer Immobilien unverzichtbar ist.
Die Dynamische Entwertungs- und Rückstellungsmethode: Kernprinzipien
1. Zerlegung nach BKP (dreistellige Positionen)
Jede Immobilie wird anhand des Baukostenplans (BKP) in Bauteilgruppen zerlegt, z. B. Rohbau, Dach, Fenster oder Elektro. Diese Aufteilung erfolgt prozentual, wobei die Gewichtung je nach Gebäudetyp und Konstruktion variiert. Ein Bürogebäude hat eine andere Kostenstruktur als ein Einfamilienhaus, und genau hier setzt die Expertise des Gutachters an.
2. Berücksichtigung von Lebensdauer und Alter
3. Dynamische Entwertung
Im Gegensatz zur linearen Abschreibung berücksichtigt die dynamische Entwertung, dass die Wertminderung in späteren Nutzungsjahren oft langsamer erfolgt. Dies wird durch flexible Abzinsungsraten und anpassbare Parameter modelliert.
Ein wichtiger Grenzwert
Wenn die Entwertung eines Gebäudes 65 % übersteigt, gilt es in der Regel als nicht mehr bewohnbar. Dieser Wert ist ein entscheidender Indikator für die Notwendigkeit umfassender Sanierungsmaßnahmen oder sogar für die Planung eines Abrisses und Neubaus.
4. Rückstellungsberechnung
Warum ist bautechnisches Know-how unverzichtbar?
Die Anwendung der dynamischen Methode setzt fundiertes Wissen im Bauwesen voraus. Gutachter müssen:
Immobilien sind keine standardisierten Produkte – sie sind Unikate. Die Methode passt sich dieser Realität an und ermöglicht eine maßgeschneiderte Bewertung, die den tatsächlichen Gegebenheiten gerecht wird.
Herausforderungen bei der Herleitung von Rückstellungen
1. Kostensteigerungen und Zinsvolatilität
In der Theorie wird angenommen, dass Rückstellungen mit steigendem Basiszins sinken, da zukünftige Kosten stärker abgezinst werden. Doch die Praxis zeigt:
2. Verkürzte wirtschaftliche Lebensdauer
Die richtige Aufteilung von Rückstellungen
1. Laufende Betriebskosten & Instandhaltung (kurzzyklisch, <5 Jahre)
2. Instandsetzungen & Modernisierungen (mittelzyklisch, 5-15 Jahre)
3. Großzyklische Erneuerungen (langfristig, >15 Jahre)
Fazit: Strategie statt starre Modelle
Die dynamische Entwertungs- und Rückstellungsmethode bietet eine praxisnahe und realistische Grundlage für die Immobilienbewertung. Sie berücksichtigt die individuellen Eigenschaften von Gebäuden, die Abnutzung der Bauteilgruppen und die tatsächlichen Marktbedingungen.
Nur durch eine Kombination aus finanzmathematischem Know-how, bautechnischer Expertise und strategischer Betrachtung lässt sich eine fundierte Bewertung sicherstellen. Denn Immobilien sind keine standardisierten Produkte – sie sind Unikate. Und genau das macht die Herausforderung und den Reiz der Bewertung aus.
Peter Blättler